Weevil News

http://www.curci.de/Inhalt.html

No.14

 4 pp.

6. November 2003

ISSN 1615-3472

Winkelmann, H., F. Bahr & Ch. Bayer (2003): Beitrag zur Verbreitung von Omphalapion rhodopense (Angelov, 1962) und Beschreibung der Männchen (Coleoptera: Curculionoidea: Apionidae)

Weevil News: http://www.curci.de/Inhalt.html, No. 14: 4 pp., CURCULIO-Institut: Mönchengladbach. (ISSN 1615-3472).


Beitrag zur Verbreitung von Omphalapion rhodopense  
(ANGELOV, 1962) und Beschreibung der Männchen
(Coleoptera: Curculionoidea: Apionidae)
von
Winkelmann, H., F. Bahr & Ch. Bayer
Mit 6 Abbildungen und einer Verbreitungskarte

Keywords
Coleoptera: Curculionoidea: Apionidae: Omphalapion rhodopense (Angelov, 1962). First description and illustration of male and aedeagus; distribution, first record for Greece, Achillea depressa Janka.

Summary
The first description of male specimens of Omphalapion rhodopense (Angelov, 1962) is given. Males and females of O. rhodopense are compared by photographs and outline drawings. A map of the area of distribution in Bulgaria and the first locality in Greece is added.

Zusammenfassung
Die bisher unbekannten Männchen von Omphalapion rhodopense (Angelov, 1962) werden beschrieben. Habitus und Aedoeagus werden abgebildet. Eine Verbreitungskarte zeigt das bisher bekannte Vorkommen in Bulgarien und den ersten Fundort in Griechenland.

Einleitung  
Vor rund 40 Jahren wurde aus Bulgarien die auffällige Apionide Omphalapion rhodopense (Angelov, 1962) beschrieben. Sie hat im Gegensatz zu den verwandten Omphalapion-Arten keine punktierte Halsschildoberfläche, sondern zeigt eine auffällige, kräftige Längsstrichelung [Fig. 1]. Angelov (1962) lagen für seine Beschreibung der Art rund 120 Exemplare aus Süd-Bulgarien vor. Seine vagen Angaben zu den Männchen basierten offensichtlich auf kleinen Weibchen, denn eine Beschreibung des Aedoeagus erfolgte nicht.

Behne (1989) konnte die Art in Süd-Bulgarien später in größerer Anzahl von der vermutlichen Entwicklungspflanze sammeln. Er bemerkte in seiner umfangreichen Rüsselkäfer-Faunistik Bulgariens das Fehlen der Männchen: “Rhodopen: Velingrad, 800 m, 9., 11.6. 1987, 194 Ex. auf Achillea depressa Ika [Janka]. Es wurden unter den Tieren keine Männchen gefunden.“

Diesen merkwürdigen Sachverhalt diskutierte auch Wanat (1995) in seiner ausführlichen Arbeit. Obwohl er einige weitere bulgarische Fundorte nennen konnte, betonte auch er das Fehlen der Männchen unter den vielen hundert Belegen und dem von ihm überprüften Material. Da er aber selbst bei alpinen Apioniden keine Parthenogenese kannte, hielt Wanat dies auch bei O. rhodopense für unwahrscheinlich.

Mit dieser Vermutung hat er auch Recht behalten, denn bei einer zweiwöchigen Exkursion nach Nordostgriechenland konnten die Autoren im Juli 2003 nicht nur O. rhodopense erstmalig für Griechenland nachweisen, sondern gleichzeitig auch erstmals die Männchen dieser Art auffinden.

Beschreibung (der Männchen)
Omphalapion rhodopense ist in beiden Geschlechtern durch die einmalige Halsschildstruktur [Fig. 1] von allen ähnlichen Omphalapion-Arten leicht zu trennen.

Da Wanat die Beschreibung der Weibchen mit exakten Detailmessungen umfangreich aktualisiert, sollen bei der Beschreibung der Männchen hauptsächlich die Unterschiede zu den Weibchen dargestellt werden:

Kopf, Halsschild und Flügeldecken schwarz, schwach glänzend [Fig. 2]; bei den Weibchen sind die Flügeldecken metallisch dunkelblau oder grünlich [Fig. 3]. Teilweise sind die Männchen noch etwas kleiner (1,40-1,64 mm) als die Weibchen (nach Wanat: 1,45-2,10 mm).

Der Rüssel ist kürzer und kräftiger (ungefähr so lang wie das Halsschild), im Bereich der Fühlereinlenkung deutlich erweitert; bei den Weibchen ist der dünnere Rüssel, insbesondere vor der Fühlereinlenkung, viel länger (insgesamt länger als Halsschild und Kopf zusammen) und nur kurz erweitert. In Seitenansicht ist der Oberrand des Rüssels der Männchen über dem Fühleransatz etwas winklig geknickt; bei den Weibchen verläuft der Oberrand des Rüssels ohne Knick. Die Fühlergeißel ist länglicher (ungefähr so lang wie die letzten 6 Geißelglieder); die Fühlergeißel der Weibchen ist kürzer und gedrungener (ungefähr so lang wie die letzten 4 Geißelglieder) [Fig. 4].

Insbesondere die Vordertarsenglieder sind etwas stärker vergrößert als bei den gleich großen Weibchen.

Das männliche Genital wird fotografisch abgebildet [Fig. 5], einen Vergleich mit den anderen Omphalapion-Arten ermöglichen die Genitalzeichnungen bei Wanat (1995).

Verbreitung
Nach den Angaben bei Angelov (1962) stammt der Holotypus aus der südbulgarischen Stadt Bracigovo. Das bisher bekannte Verbreitungsgebiet fasst Wanat (1995) zusammen, er nennt aus Süd-Bulgarien das Rhodopen- und Pirin-Gebirge als allgemeines Verbreitungsgebiet. Von den vier genannten Ortschaften sind Simitli und Velingrad in gängigen Karten zu finden.

Der hier beschriebene erste griechische Fundort befindet sich in Nordgriechenland wenige Kilometer südlich der bulgarischen Grenze: Achladohori, 600 m, 41.18.42 N; 23.34.19 E., ca. 52 km nordwestlich Drama. Dieser Fundort [Fig. 6] [Fig. 7] liegt rund 100 Kilometer südlicher als Simitli und Velingrad und mit 600 m Höhe auch niedriger als die bulgarischen Fundorte (800-900 m).

Diskussion
Auch gut 40 Jahre nach der Beschreibung von Omphalapion rhodopense sind bisher nur wenige Fundorte dieser Art aus Bulgarien bekannt. Mit dem ersten Auffinden in Nordgriechenland erweitert sich das Verbreitungsgebiet nun auf zwei Länder: Bulgarien und Griechenland [Fig. 7].

Bemerkenswert für den aktuellen Fundort aus Griechenland ist [Fig. 6], dass hier nun erstmals auch die bisher unbekannten Männchen nachgewiesen werden konnten. Das Auffinden der Tiere ist im Hochsommer (hier: Mitte Juli) offenbar nur mit Hilfe von Gesiebeproben möglich, wobei 7 Männchen und 15 Weibchen gefunden werden konnten. In den meisten Proben dieses Standortes konnte die Art nicht nachgewiesen werden. Streiffänge ergaben zu dieser Jahreszeit keine Nachweise von Omphalapion rhodopense. Frühere Aufsammlungen (29.VI. 1997) am gleichen Fundort erbrachten auch keinen Nachweis dieser Art, obwohl der Stand der Vegetationsentwicklung für einen Nachweis günstiger erschien.

Im Vergleich zu 1997 zeigte sich der Standort im Jahr 2003 durch die Ausbringung von Stalldung (Stickstoffeintrag mit Förderung nitrophiler Arten wie Urtica dioica, Atriplex-Arten usw.) und die großflächige Zerstörung benachbarter Stipa-Trockenhänge (Bewirtschaftung als Haferanbaufläche) stark beeinträchtigt.

Insgesamt erscheint dieser bisher einzige bekannte griechische Fundort von Omphalapion rhodopense durch zunehmende landwirtschaftliche Nutzung hochgradig gefährdet!

Mit den bei Angelov (1962) , Behne (1989) und Wanat (1995) zusammengestellten biologischen Daten müsste es möglich sein, die Art gezielt an der Entwicklungspflanze: Achillea depressa zu beobachten. Eventuell wäre dann eine Klärung möglich, ob die Männchen überhaupt in der Lage sind, zu überwintern oder ob sie im Sommer bereits die Weibchen befruchten und anschließend bald absterben. Das Phänomen, dass die Männchen nur kurzfristig nachweisbar sind, ist von einigen Protapion-Arten (z.B. Protapion dissimile) bereits bekannt. Sprick (mündl. Mittlg.) weist darauf hin, dass ihm z. B. von O. hookerorum die Männchen nur aus einem kurzen Zeitraum nach der Reproduktion im Sommer bekannt sind. Daher sollten auch die anderen Arten der Gattung Omphalapion genauer auf die Erscheinungszeit der Männchen hin untersucht werden.
Die hier beschriebenen und abgebildeten Merkmale der Männchen [Fig. 2] [Fig.4] [Fig.5] ermöglichen künftig eine sichere Trennung der Geschlechter und verdeutlichen, dass die bei Angelov beschriebenen Männchenmerkmale lediglich auf kleineren Weibchen basieren.

Danksagung
Besonders herzlich möchten wir uns bei Lutz Behne (Eberswalde) und Peter Sprick (Hannover) für ihre Unterstützung bedanken. Herr Behne half uns bei der Literaturbeschaffung und gab uns zusätzliche Informationen über weitere Fundorte und Fundumstände von Omphalapion rhodopense in Bulgarien. Peter Sprick war uns bei der Fertigstellung des Manuskriptes stets behilflich.

Literatur
Angelov, P. (1962):
Apion (Omphalapion) rhodopensis n. sp. - eine neue Curculionidenart in Bulgarien. Dokl. Bolg. Akad. Nauk, 15: 199-202.
Behne, L. (1989):
Beitrag zur Faunistik der Rüsselkäfer Bulgariens Coleoptera - Curculionidae). Beitr. Ent. Berlin 39, 2, S. 319-341.
Wanat, M. (1995):
Systematics and phylogeny of the tribe Ceratapiini (Coleoptera: Curculionoidea: Apionidae). Genus. Intern. J. Invertebrate Taxonomy (Suppl.). Wroclaw. 406 pp.

Anschriften der Autoren:

Herbert Winkelmann
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e-mail: Winkelmann.Coleopt.Curcul@t-online.de

Friedhelm Bahr
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